CRCLR
Berlin, Deutschland- Bauzeit
- 2019 - 2024
- Gebäudetyp
- Transformation Bestand und Aufstockung
- Bauherr*in
- TRNSFRM eG
- Nutzer*in
- Impact HUB Berlin
- Architektur
- TRNSFRM eG
- Projektpartner
- Die Zusammenarbeiter GmbH, LXSY, ZRS Ingenieure
- Größe
- 4871 m2
- Nutzung
- Mischnutzung (Werkstätten, Büros, Wohnen)
- Website
- Link ↗
- Banner image
- TRNSFRM eG
Allgemeine Beschreibung
Das "CRCLR Haus" ist ein Projekt in Berlin (Deutschland), das ein ehemaliges Industriegebäude einer Brauerei wiederverwendet. Es wurde in einen Coworking-Space für kreislauforientierte Unternehmen umgestaltet und mit Wohnraum aufgestockt. Die Erweiterungen sind für Wohnzwecke konzipiert und die Räume darunter wurden für Coworking, Workshops, Studios und Veranstaltungen umgestaltet. Der Impact Hub Berlin hat das Gebäude im März 2022 übernommen und bietet über 100 Arbeitsplätze, Team-Büros und Veranstaltungsräume.
EINFÜHRUNG IN DIE ZIRKULARITÄT
Im Fall des CRCLR Hauses geht die Idee eines kreislauforientierten Gebäudes über die Konstruktion hinaus und manifestiert sich vor allem in der Nutzungsphase. Das bestehende Gebäude wurde nicht abgerissen, sondern - wo es notwendig war - verstärkt und die alte Dachstruktur, Isolierung sowie sanitäre Elemente wurden wiederverwendet. Neue Elemente wurden schichtweise geplant und mit reversiblen Verbindern eingebaut. Technische Elemente mit kürzerer Lebensdauer sind leicht zugänglich und können ohne zusätzlichen Abbruch von Verkleidungen oder Böden ausgetauscht werden. Wohn- und Gewerbebereiche sind miteinander verbunden, um voneinander zu profitieren und Energie- und Materialkreisläufe zu schließen. Die Innenrenovierung wurde größtenteils von den Nutzern selbst durchgeführt, wobei etwa 70 % der Materialien wiederverwendet, recycelt oder aufgewertet wurden.
PRAKTIKEN
Wir wollen die Gesellschaft von einer nachhaltigen Welt überzeugen, indem wir die Veränderungen in Theorie und Praxis aufzeigen, die für die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft notwendig sind. Mit anderen Worten: groß denken und klein anfangen. Für alle, die nicht nur über die Kreislaufwirtschaft reden wollen, sondern sie schon jetzt aufbauen wollen (...)
Circl Website
Wir hoffen, dass viele das neue Wissen und die Erfahrung, die wir durch die kreislauffähige Konstruktion dieses Gebäudes gewonnen haben, nutzen werden. Deshalb bezeichnen wir das, was wir bei Circl gemacht haben, nicht als 'Copyright', sondern als Right to Copy
Circl Website
Das Ziel der Initiative war die bewusste Verwendung nachhaltiger und kompostierbarer Baumaterialien, um eine Rückführung der Ressourcen in den natürlichen Kreislauf zu ermöglichen. Beispielsweise besteht die Innendämmung der Südfassade aus recycelbaren oder kompostierbaren Materialien wie Holzpaneelen, Lehmputz und Holzfaserdämmplatten. Im Fensterbereich wurden Hanf und Lehm als Innendämmung verwendet, um Fugen im alten Mauerwerk abzudichten.
Die Aufstockung wurde als Holzskelettbau geplant, um wandelbare Räume zu schaffen. Eine besondere Herausforderung war der Brandschutz im Holzbau. Trotz der Brandschutzanforderungen R90 und REI90 wurde bewusst auf eine Kapselung der tragenden Holzbauteile verzichtet, aber eine entsprechende Feuerfestigkeit wurde nachgewiesen. Holzverbinder wurden verwendet, um Konstruktionshöhe und Verbindungsmittel einzusparen.
Die Nutzung einer Strohballenkonstruktion für eine passivhaustaugliche Außenwand war eine weitere Lernerfahrung. Hierbei gab es Herausforderungen, da keine Firma gefunden wurde, die einen Auftrag dieser Größenordnung ausführen konnte oder wollte. Stattdessen wurden geeignete Handwerker*innen gefunden und von erfahrenen Mitgliedern des FASBA (Fachverband Strohballenbau Deutschland e. V.) geschult. Die Außenwände wurden in bis zu 4 m langen Elementen vorgefertigt und mit einem Kalkgrundputz versehen. Die Verwendung eines von einem Lehmputzhersteller neu entwickelten Füllstoff für die luftdichten Anschlüsse erwies sich als vielversprechend, ist jedoch noch nicht zertifiziert. Die Strohballenkonstruktion bleibt frei zugänglich, um Leckagen leicht beheben zu können.
Die meisten wiederverwendeten Komponenten wurden als Fassadenelemente installiert. Es war einfach, standardisierte Bauteile wie Sanitär-, Keramik- oder Duschwannen wiederzuverwenden, da sie weniger Vorbereitung für die Wiederverwendung erforderten. Die Wiederverwendung von Türen und Fenstern war aufgrund zusätzlicher Anforderungen an den Brandschutz oder das Energiekonzept komplizierter. Das Team brachte viele zusätzliche Komponenten - wie Außenfenster, Sanitärobjekte und Bodenplatten - zur Baustelle, renovierte sie und erhielt somit die vorhandene graue Energie, anstatt neue Komponenten zu installieren. Die ausgebauten Stahlfachwerkträger und Stahlpfetten des Bestandsdaches der Halle wurden für die Aufstockung als Dachträger im Gewächshaus und als Treppenwangen in statisch tragender Funktion wiederverwendet. Zugversuche zur Bestimmung der Festigkeit und chemische Analysen zum Nachweis der Schweißbarkeit wurden durchgeführt. Die Gewährleistung für die Wiederverwendung von Stahlbauteilen sollte in Zukunft rechtlich geregelt werden.
Die Beschaffung der Materialien erfolgte über große Abrissprojekte in der Stadt. Das Team versuchte, große Mengen gleicher Produkte zu kaufen, um die Verfügbarkeit zu gewährleisten. Die meisten Komponenten und Materialien wurden durch informelle Kontakte direkt auf anderen Baustellen gefunden. Die Materialsuche wurde durch die Plattform von Concular / Restado unterstützt. Es war eine Herausforderung, dann sofort passendes, "einsatzbereites" Material zu finden, wenn es laut Planungsprozess gebraucht wurde.
Die Logistik war ein komplizierter Prozess, für den es derzeit keine standardisierte Lösung auf dem Markt gibt: Jede Materiallieferung muss separat vereinbart werden, wobei dem Logistikunternehmen sehr detaillierte Anweisungen erteilt werden müssen. Darüber hinaus müssen die Transportkosten berücksichtigt werden, die sich leicht erhöhen können, wenn keine spezifischen Anweisungen für die Lagerung der Materialien vorgegeben werden. Die Verfügbarkeit von Lagerflächen in der Nähe der Baustelle ist von entscheidender Bedeutung. Der Lagerraum sollte die Materialien trocken halten und Schäden vermeiden, da die Lieferung der Materialien nach ihrer Verfügbarkeit und nicht nach dem Zeitpunkt ihres Einbaus erfolgt.
Material, das während der Renovierung zerstört werden musste, wurde als recycelter Schotter in der Stahlbetonstruktur verwendet. Reste des alten Dämmmaterials wurden in den neu gebauten Außentüren wiederverwendet.
Die Qualitätsprüfung der Komponenten wurde intern vom Team durchgeführt. Daher war es wichtig, einen Pool von Expert*innen mit spezifischen Kenntnissen über die einzelnen Komponenten und die für die Wiederverwendbarkeit erforderlichen Anforderungen zu bilden. Die größte Herausforderung lag im Bereich des Brandschutzes (z. B. bei den Türen) und den dafür erforderlichen baulichen Anforderungen. Dies bedeutete, dass die Rezertifizierung meist länger als erwartet dauerte. Für diesen Schritt ist die Abstimmung mit den Herstellern der Produkte und den Fachfirmen unerlässlich, aber nicht viele Firmen wollen zur Zeit die Haftung für wiederverwendbare Komponenten in einem neuen Gebäude übernehmen.
Im Mittelpunkt der Realisierung stand ein alternativer Planungsprozess, der eng mit den traditionellen Leistungsphasen verknüpft war. Dabei wurde eine flexible und reaktive Planung basierend auf den verfügbaren wiederverwendeten Materialien gemacht. Falls wiederverwendete Komponenten nicht verfügbar waren, wurden neue Materialien verwendet. Mit der Bauherrin wurden folgende Ziele vereinbart:
1. Zirkuläres Bauen als zentrale Aufgabenstellung: Alle Bauteile und -stoffe wurden so verbaut, dass sie wiederverwendbar sind und ausschließlich aus bestehenden Kreisläufen stammen (biologisch und technisch)
2. Genehmigungsfähige Lösungen für maximal 100% des unveränderten Budgets
3. Baubeginn zusammen mit der Baustelle im Bestand
4. Durchgängig barrierefreie Wohnungen ohne Maisonette
5. Mehr Nutzflächen und weniger Technikflächen
6. Verbesserung der CO2-Bilanz in Bau (graue Energie) und Betrieb und eine möglichst hohe KfW55-Fähigkeit mit einer verbesserten, möglichst Passivhaus-tauglichen Hülle
7. Höhere Nutzungsvariabilität und bauliche Anpassungsfähigkeit während des gesamten Lebenszyklus
8. Bessere Anpassung an die Bedürfnisse und Wünsche der Nutzer:innen
9. Verbesserung des Verhältnisses Nutzfläche vs. Volumen und der Nutzbarkeit individueller und gemeinsamer Außenflächen
Das Zwischengeschoss wurde modular aufgebaut, um eine einfache Veränderung oder Umnutzung zu ermöglichen. Die Elemente aus Stahl und Holz wurden zusammengesetzt, aufgehängt und verschraubt, sodass sie leicht demontiert werden können.
Die alten (und neuen) Materialien, die in dem Gebäude verwendet wurden, wurden in einer Materialdatenbank gespeichert. Es war Teil des Konzepts für die Kreislaufwirtschaft, den digitalen Zugang zu den im Projekt verwendeten Materialien und Komponenten sicherzustellen.
Aufgrund von COVID konnten keine Unternehmen gefunden werden, die Teile der Realisierung des Gebäudes durchführen konnten. Im Sinne einer unternehmerischen Do-it-yourself-Mentalität wurde ein Kollektiv aus einigen Handwerkern und vielen Laien gegründet, um Fenster, Türen, Isolierung, Treppen und die Fassade nach einem vorgegebenen kreislauforientierten Plan zu bauen und zu installieren.
Da die Kosten bei der Entscheidungsfindung natürlich eine wichtige Rolle spielen, muss man manchmal Kompromisse bei den angestrebten Zielen eingehen, wenn man versucht, den Ansatz des schichtweisen Bauens in einem Kreislauf zu realisieren. Das Team versuchte, den Preis des alten Materials so zu gestalten, dass es mindestens halb so teuer war wie neues Material. Allerdings fallen zusätzliche Kosten für die Logistik und die Vorbereitung der Wiederverwendung des Materials an. Wenn der Gesamtbetrag immer noch günstiger war als das neue Material, wurde es beschafft.
Das Zwischengeschoss wurde modular aufgebaut, um eine einfache Veränderung oder Umnutzung zu ermöglichen. Die Elemente aus Stahl und Holz wurden zusammengesetzt, aufgehängt und verschraubt, sodass sie leicht demontiert werden können.
Materialinventar und Lieferketten
Das Materialinventar basiert auf den Materialien, die in der Lebenszyklusanalyse des Bauwerks analysiert wurden. Daher werden keine wiederverwendeten Materialien aufgeführt, die meist im Inneren des Gebäudes zu finden sind, wie Sanitärelemente, wiederverwendete Fenster oder Türen oder Stahlträger.