OBK 27

Paris, France
Bauzeit
2017 - 2018
Gebäudetyp
Neubau
Bauherr*in
RIVP
Architektur
Barrault-Pressacco
Projektpartner
LM Ingénieurs (structure and insulation), Atelux (mass flows), ALP Ingénierie (financing), QCS Services (acoustics)
Größe
1280 m2
Nutzung
Gemischt genutzt (Wohnen, Gewerbe)
Website
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Giaime Meloni

Allgemeine Beschreibung

Das Gebäude von Barrault-Pressacco liegt im 11. Arrondissement von Paris und umfasst 17 Wohnungen, die als sozialer Wohnbau errichtet wurden. Durch die Wahl von massivem Stein als Hauptmaterial integriert sich das Gebäude nahtlos in die traditionelle Architektur der Stadt. Die Fassade präsentiert die Schönheit massiver Natursteinblöcke, die gleichzeitig als Hauptlast tragende Elemente dienen. In einem Rastermuster angeordnet, greifen diese Blöcke die Designprinzipien der modernen Architektur auf und brechen mit konventionellen Mauerwerkstechniken. Das architektonische Design basiert auf einem System gestapelter Säulen und Stürze, die mit dreieckigen vertikalen Profilen in den Fenstern verziert sind. Diese subtilen Verzierungen sind sich von der lokalen architektonischen Designsprache inspiriert und verbinden Elemente des einfachen und minimalistischen Faubourg-Stils mit der Pracht der Haussmann'schen Architektur. Durch den Verzicht auf tragende Innenwände bieten die offenen Grundrisse eine bemerkenswerte Flexibilität und ermöglichen einen großzügigen Lichteinfall in das Gebäude.

The architectural design is based on a system of stacked columns and lintels, adorned with triangular vertical profiles in the windows. These subtle ornamentations draw inspiration from the local architectural design language, blending elements of the simple and minimalist Faubourg style with the grandeur of Haussmannian architecture. By avoiding internal load-bearing walls, the open floor plans provide a remarkable degree of flexibility while inviting ample sunlight to permeate the building.

EINFÜHRUNG IN DIE ZIRKULARITÄT

Der Bau des Gebäudes mit massivem Stein bietet zahlreiche Möglichkeiten für zirkuläre Prozesse in verschiedenen Phasen des Lebenszyklus. Während die CO2eq-Emissionen im Lebenszyklus nicht der Hauptaspekt der Planungsphase waren, lag der Fokus stattdessen auf Materialien, Montage, architektonische Qualität und Nachhaltigkeit des Gesamtsystems. Die Architekten strebten den Bau eines Gebäudes an, das sowohl technisch als auch ästhetisch über die Zeit Bestand haben würde.

Die Auswahl der Baumaterialien erfolgte ganzheitlich und berücksichtigte deren spezifische Eigenschaften, ihre Rolle im Gebäudesystem und ihren langfristigen Wert. Die Natursteinblöcke, die in ihrem natürlichen Zustand ohne jegliche Behandlung oder Veränderung verwendet wurden, gelten als integraler Bestandteil der Erde. Im Gebäude OBK27 wurde dieses monolithische Baumaterial nachhaltig, reversibel und integriert eingesetzt, was eine nahezu unbegrenzte Wiederverwendung und Langlebigkeit ermöglicht.

Um eine qualitativ hochwertige und leicht reversible Struktur zu gewährleisten, wählten die Architekten eine einfache Montagemethode. Diese Entscheidung garantiert den Bau eines langlebigen Gebäudes, das leicht demontiert und modifiziert werden kann, um Anpassungen vorzunehmen und Abfall zu minimieren.

PRAKTIKEN

Mit einem Schritt geht man vom natürlichen Boden zum architektonischen Element.

Thibaut Barrault, Architekt

 

Ich hoffe, es ist ein schönes Gebäude, aber das reicht heute nicht mehr aus. Heute ist es das Mindeste, etwas Schönes zu bauen, das ist nicht mehr mein Ziel. Schönheit ist nicht unwichtig, aber sie steht an zweiter Stelle hinter dem kollektiven Bedürfnis.

Thibaut Barrault, Architekt

Design für die Demontage

Besonderes Augenmerk wurde auf die Konstruktionstechnik gelegt. Die Architekten wählten eine einfache Montagemethode, um den Bau eines qualitativ hochwertigen Gebäudes mit hoher Umkehrbarkeit zu gewährleisten. Diese Entscheidung führte zu offenen Grundrissen ohne tragende Innenwände. Diese gestalterische Entscheidung ermöglichte eine bemerkenswerte Flexibilität bei der Nutzung des Raums und gleichzeitig einen großzügigen Lichteinfall. Darüber hinaus erleichterte diese Bauweise die optimale Platzierung von feuchten Installationen und technischen Schächten, wodurch die Funktionalität und Effizienz der Gebäudestruktur verbessert wurde. Darüber hinaus kann das Steinmaterial nach Abschluss der Nutzungsdauer des Gebäudes direkt und effizient wiederverwendet werden, was seine Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit weiter unterstreicht.

Design für Langlebigkeit

Das gesamte Gebäude wurde so konzipiert, dass es minimalen Wartungsaufwand erfordert und eine lange Lebensdauer aufweist, was besonders vorteilhaft ist, wenn man den Status des Auftraggebers RIVP und den Bau als Sozialwohnungen berücksichtigt. Diese Herangehensweise ist voraussichtlich kosteneffektiv über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes. Aufgrund der Langlebigkeit von Stein, der Einfachheit der Montage und der zeitlosen Ästhetik ist es wichtig, die CO2eq-Emissionen über einen langfristigen Zeitraum zu betrachten. Obwohl die Emissionen während der Recycling- und Entsorgungsphasen möglicherweise höher sind, kann das Gebäude selbst im Vergleich zu ähnlichen Konstruktionen deutlich länger genutzt werden. Historische, mehrstöckige Stadtgebäude aus massivem Stein haben Hunderte von Jahren überdauert, sodass es realistisch ist anzunehmen, dass dieses Gebäude bei angemessener Pflege mehr als 200 Jahre halten kann. Im Vergleich dazu beträgt die Lebensdauer von Betonkonstruktionen typischerweise nur 50-100 Jahre.

Wartung einfach machen

Dank der umfassenden Planung und der sorgfältigen Gestaltung bestimmter Details erreicht die Struktur ein bemerkenswertes Maß an Reversibilität, was zu effizienterer Instandhaltung und Renovierung führt. Beispielsweise bestehen die Wände des Gebäudes aus nur drei Schichten. Die lasttragende Natursteinstruktur ist direkt mit Hanfkalkisolierung beschichtet, die dann mit Kalkputz bedeckt wird. Diese vereinfachte Wandkonstruktion steht in starkem Kontrast zu den zahlreichen Schichten, die normalerweise in Außenwänden zu finden sind. Durch die Reduzierung der Anzahl der Baumaterialien wurde auch die Anzahl der Gewerke vor Ort minimiert, was zu einer verbesserten Bauabwicklung führte. Das gesamte Design zielt darauf ab, ein Gebäude mit geringem Wartungsaufwand zu schaffen, was besonders vorteilhaft ist, wenn man der Philosophie des Auftraggebers RIVP folgt. Diese Herangehensweise dürfte über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes hinweg kosteneffektiv sein.

Standardisierung von Bauelementen

Die Architekten wählten bewusst massive, kohlenstoffarme und langlebige Materialien für das Projekt aus. Durch die Wahl von monolithischem Stein, massiven Kreuzlagenholz (CLT)-Böden und vorgefertigten Stahlkomponenten war der abschließende Montageprozess äußerst effizient und ähnelte dem Aufbau großer Lego-Blöcke. Bei der modernen Steinbauweise dauert es etwa 10 Minuten, um einen Stein zu verlegen. Darüber hinaus wurden die Steinwände sorgfältig geplant, um die Verwendung verschiedener Steinabmessungen zu minimieren, was die logistische Effizienz erhöhte und die Produktionskosten senkte. Diese Herangehensweise vereinfachte den Bauprozess und erleichterte die Koordination der Materialien vor Ort. Durch die Verwendung von vorgefertigten Elementen und die Optimierung der Logistik von Steintransport und -platzierung erzielten die Architekten eine schnellere und effizientere Montage, was zur allgemeinen Projekteffizienz beitrug.

Verwendung von biobasierten und erneuerbaren Materialien

Die Architekten wählten bewusst Rohmaterialien mit minimaler Verarbeitung und von Natur aus niedrigem CO2eq-Wert. Dadurch wurde der gesamte Prozess von der Gewinnung und Produktion über den Transport bis hin zur Konstruktion CO2-negativ. Das primäre Baumaterial, Brétignac-Sandstein, erfordert nur geringen Energieaufwand für den Abbau und die Bearbeitung. Seine Emissionen stammen hauptsächlich aus dem Einsatz fossiler Brennstoffe beim Transport. Naturstein besitzt isotrope Eigenschaften, außergewöhnliche Haltbarkeit und eine sehr geringe Alterungsrate. Er kann in seinem natürlichen Zustand ohne chemische Reaktionen oder Veränderungen verwendet werden. Die Hauptmineralien, aus denen Naturstein besteht, wie Quarz, Feldspat und Plagioklas, bleiben unverändert. Die massiven Natursteinblöcke haben die bemerkenswerte Fähigkeit, immer wieder wiederverwendet zu werden. Ihre Haltbarkeit, isotropen Eigenschaften, monolithischen und homogenen Qualitäten sowie ihre geringe Alterungsrate machen sie besonders geeignet für Wiederverwendung. Laut Gilles Perraudin gilt: "Wenn man ein Gebäude aus Stein baut, hat man einen neuen Steinbruch, weil man diesen Stein wiederverwenden kann. Stein kann so wiederverwendet werden, wie er ist, es ist keine Recycling-Maßnahme erforderlich." Als Verbindung zwischen den Steinen wurde ein Flachbettfugenmörtel verwendet, ein zementbasierter Mörtel, der hohen Druckbelastungen standhält. Da die Verbindung zwischen den Steinen in Steinstrukturen typischerweise der schwächste Teil ist, wurde der lasttragende Mörtel von außen mit einem kalkbasierten Mörtel geschützt, der leichter zu pflegen ist.

Materialinventar und Lieferketten

Die Baustoffe des Projekts stammen von relativ weit entfernten Standorten. Dennoch haben die Architekten darauf geachtet, Ressourceneffizienz zu priorisieren. Der Brétignac-Stein wird beispielsweise in der Nähe von Bordeaux im Südwesten Frankreichs abgebaut, etwa 635 km von Paris entfernt. Um den Einfluss des fossilen Kraftstoffverbrauchs während des Transports zu minimieren, wurden die Steine auf dem Weg von der Abbau- zur Baustelle in Angers verarbeitet. Holz, obwohl weit verbreitet, musste aus Österreich importiert werden, das ungefähr 1150 km von Paris entfernt liegt. Der Hanfabbau, der für die Isolierung verwendet wurde, befindet sich etwa 200 km von der Baustelle entfernt und Kalkstein wurde aus einer Entfernung von 300 km bezogen. Frankreich ist der Hauptproduzent von Hanfkalk, was lokale Lieferketten ermöglicht. Bei Stahl, obwohl vor Ort verfügbar und produziert, wurde in seinem Logistiknetzwerk qualitativ hochwertiges Erz priorisiert, um Nettoemissionen und Abfall zu reduzieren, wobei die Transportentfernung eine sekundäre Überlegung darstellte. Beton, das weltweit am häufigsten verwendete Baumaterial, war lokal verfügbar und wurde vor Ort produziert, was die Kosten niedrig hielt.

Die Hybridbauweise umfasst Kreuzlagenholz für die Böden, Hanfkalk für die Isolierung, Stahlprofile für das innere Skelett und bewehrte Betonsockel für die Fundamente und deren Erweiterung zur Bildung des Erdgeschosses.